Samstag, 22. September 2007

Afshin Ellian: Ich sitze hier, sie liegen da: Die unangenehme Wahrheit

Wie tötet man tausende Menschen? Wie hält ein Islamist die Erinnerung an Mohammed lebendig? Was taten die Söhne von Allah in Teheran? Wie richtet man über jemanden, wenn man im Namen von Allah und seinen gesandten Propheten Mohammed handelt?

Die Gefängnisse von Teheran mussten im Auftrag von Khomeini gesäubert werden. Und das geschah 1988. Es musste schnell und gründlich geschehen. Dafür richtete Ayatollah Khomeini eine Komission ein.

Die Komission des Todes sandte drei Personen in jedes Gefängnis. In Teheran machte sie sich selbst auf den Weg.

Entkommen
Natürlich wissen wir noch immer nicht, wie es genau abgelaufen ist. Es gibt eine Reihe von Menschen, die aus dieser tödlichen Situation entkamen. Sie haben nach und nach die Welt informiert.

Ausserdem gibt es Berichte der Menschen, die für die Sicherheitsdienste gearbeitet haben. Diese Kategorie kann unterteilt werden in Informanten und Personen, die es bisher verschwiegen haben und diese Verbrechen nicht länger mit ihrem Gewissen vereinbaren konnten.

Alles in allem erhalten wir durch diese Berichte ein allgemeines Bild der Geschehnisse: Es geschah sehr schnell. Oft nicht länger als 15 Minuten.

Exekutieren
Das Verhören und Exekutieren von tausenden Menschen binnen weniger Wochen ist nur möglich, wenn es jedesmal innerhalb weniger Minuten geschieht.

Die meisten politischen Gefangenen waren ursprünglich im Krieg. Sie dachten, man würde sie freilassen. Doch nach ein paar Tagen wussten die meisten Gefangenen dass dies die Komission des Todes war.

Die Komission stellte drei Hauptfragen:
1) Bist du Moslem? Es waren genügend Menschen übrig, die diese Frage auf eine ironsiche Weise beantwortet haben. "Ja, aber nicht wirklich, ich bin ein Marxist." Oder: "Nun ja, ich bin ein Zweifler." "Ich weiss nicht was der echte Islam ist."

Alles falsche antworten. Jene Menschen kamen nicht weiter als bis zu dieser Frage. Ausserhalb der Kammer standen die Scharfrichter bereit.

2) Hast du heute gebetet? Darauf wurden dumme Antworten gegeben: "Ja, ich bin Moslem, aber gebetet habe ich nie." "Ja, vor langer Zeit habe ich es manchmal getan."

Warum können manche Menschen nicht einfach ja sagen? Ja, ein einfaches Wort, dass dein Leben rettet? Sie werden auch zum letzten mal nach draussen gebracht. Manchmal passiert es am frühen Morgen, nachdem die Komission ihr Morgengebet verrichtet hat. Danach hörten die Mitgefangenen Schüssen.

Manchmal rief jemand 'lang lebe die Freiheit', und ein anderer rief den Namen seiner geliebten Partei oder Person. Das war so gemäß der Aussagen der vielen Glücklichen, denn sie konnten in die Freiheit und im Angesicht der Sonne nach Hause gehen.

3) Hast du alles über deine Freunde erzählt und willst du eine Loyalitätserklärung unterschreiben, in der du Treue zur Verfassung, zu Imam Khomeini und zur Sharia schwörst? Die meisten politischen Gefangenen gingen hier in den Nebel. Die muslimischen Rebellen (Mujahedien), Linken und Liberalen gaben auf diese Frage die falsche Antwort: Nein. Auch sie wurden nach draussen gebracht.

Die unglücklichen wurden manchmal noch in der Nacht exekutiert. Das Regime hatte wenig Zeit. Der grosse Führer hatte einen rigorosen Auftrag gegeben.

Im berüchtigten Ewin-Gefängnis von Teheran wurden, aus Mangel an Kugeln, viele Gefangene kollektiv aufgehangen, im Keller, mit primitiven Mitteln, etwa mit Bettlaken. Das muss eine Hölle gewesen sein. Die islamische Hölle. Im Ewin-Gefägnis wurden tausende Menschen ohne Abschied von ihren Geliebten ums Leben gebracht. Mehr als viertausend Namen sind bekannt.

Paradies oder Hölle?
Andere Briefe und Berichte aus Städten wie Isfahan und Mashhad geben ein detailliertes Bild der Verhöhre: Bist du Muslim? Glaubst an Allah? Hast du schon gebetet? Glaubst du ans Paradies oder die Hölle? Akzeptierst du Mohammed als den letzten Propheten von Allah? Fastetst du während des Ramadan? Rezitierst du den Koran? Betest du jeden Tag? Bevorzugst du einen Moslem gegen einen nicht-Moslem als Zellengenossen? Bist du Bereit deinen Glauben an Allah, Mohammed und das Leben nach dem Tod schriftlich zu bestätigen? Bist du in einer Familie aufgewachsen, in der gebetet, gefastet und der Koran rezitiert wurde?

Die Exekutierten wurden überall im Iran in Massengräbern begraben. Es gibt nur ein Photo von jemanden, der nicht vollständig begraben ist. Wer wissen nicht wer er ist. Genausowenig kennen wir den Photographen. Auf einer schwedischen Menschenrechtsseite sehen sie diese Photos eines unbekannten Exekutierten.

Blumen
Das Massengrab von Khavaran in der Umgebung von Teheran wird jedes Jahr von den Überlebenden besucht. Sie legen dort Blumen nieder, ohne zu wissen, wer wo begraben liegt. Das Massengrab von Khavaran ist ein unwiderlegbarer Beweis, dass die meisten Opfer des politischen Islams geborene und grossgezogene Moslems sind.

Ein paar meiner Freunde sind dort auch begraben. Ich wurde damals verhaftet. Und hätte ich nicht fliehen könne, dann läge ich heute auch dort. Nicht weil ich ein Held bin, sondern weil ich versehentlich über die erste Frage gestolpert wäre.

Ik zit hier, zij liggen daar, dat is de pijnlijke waarheid.

droom me
de tijd
wanneer ik niets meer ben
dan een druppel water
voor het gras van een graf
je weet dat ik
een reizende droom was
een storm gestorven aan de borsten van een rots
mijn gedichten
zullen wonen
in het herdromen van alle dromen.

de muren van mijn woning
zijn de grafmuren van stilte
de stilte
is vol van verhalen
is vol van het spreken

de stilte
spreekt
Ik ben moe eenzaam te zijn.

droom me
de tijd
ik ben moe
overal altijd zo vaak zo talrijk
onder de voeten te leven
ik ben moe zo vaak dood te gaan.

Afshin Ellian

von hier